2. Dialog
Es waren zwei Königskinder, die hatten einander so lieb…. Sie konnten beisammen nicht kommen, das Wasser war zu tief.
(Hero und Leander nach Ovid)
B: Hallo.
A: Sie sind tatsächlich gekommen..
B: Sie sind ebenfalls da. Wir waren verabredet.
A: Das hat nichts zu sagen.
Wie ist es Ihnen ergangen?
B: Wollen wir uns küssen?
A: So zur Begrüßung oder richtig?
B: Wie Sie wollen. Richtig ist ngutes Wort.
A: Mein Blickwinkel hat sich verschoben.
B: Ist das gut oder eher nicht so?
A: Es ist verwirrend.
B: Es ist alles ziemlich grau im Moment.
A: Ein Luxusproblem. Schließen Sie die Augen und denken Sie sich die Farben hinzu. Das funktioniert. Nur Mut. Wie geht es Ihrem Nachbarn?
B: Gut, hoffe ich doch.
A: Einsamkeit.
B: Mit sich allein zurechtkommen ist schwer genug.
A: Einfacher, als in Gesellschaft..
B: Es ist aber doch warm und gemütlich im Schneckenhaus.
A: Ich habe gestern zehn Menschen getroffen und damit auch zehn verschiedene Lebensansichten.
Wissen Sie, wie viele Menschen es auf der Welt gibt?
B: Was Sie so alles erleben. Deshalb hat sich ihr Blick verändert?
A: Nein, damit hat es rein gar nichts zu tun. Naja, vielleicht ein bisschen.
B: Ich habe angefangen zu rauchen.
A: Tatsächlich?
B: Wie ein Schlot. Ich rauche ausschweifend.
A: Und das Geld?
B: Ich lebe nicht allzu lange und was solls..
A: Späte Einsicht? Und Ihre Träume?
B: Oh, da gibt es einige, in denen durchaus geraucht werden darf.
Die Zeit ist fließend. Alles kann. Nichts muss.
A: Sie sind albern und oberflächlich. Verkappter Idealismus.
B: Chaka vor dem Spiegel – jeden Morgen.
A: lacht.
B: Witzig im Einzelnen. Sie mögen doch mein Humor, sagten Sie.
A: Ich lebe in einem Haus mit unterschiedlichen Menschen und diese sind alle ICH.
B: Dann ist ja ganz schön was los bei Ihnen zu Hause. Ich lebe allein.
Wollen Sie so gut sein und mir Ihre anderen Ichs vorstellen?
A: Höchstens zwei oder drei..
B: Wieviele sind es denn? Wir könnten ein Kaffeekränzchen veranstalten?!
A: Lieber eine Stammtischrunde.
B: Dann muss doch aber das Kind in Ihnen zu Hause bleiben..
A: Das ist sowieso gerade aufmüpfig.
B: So, wie es sein sollte.
Haben Sie etwas geschrieben seit dem letzten Mal?
A: Mir sind ein paar wenige schöne Worte eingefallen.
B: Und ist etwas Ganzes daraus entstanden?
A: Das braucht Zeit.
B: Verstehe.
A: Wirklich?
B: Nein.
A: Passen Sie auf: Ich will mich nicht mehr entschuldigen müssen für meine Gedanken.
B: Ah, und deshalb wollen Sie überflüssige Worte vermeiden?
A: So ähnlich. Ich habe Verantwortung.
B: Das finde ich poetisch.
A: Das ist nicht schwer – es so zu finden. Sie wissen, dass ich Gedichte schreibe.
B: lacht. Empfinden muss man es trotzdem.
Ich habe über die Demut nachgedacht.
A: Und? Haben Sie ihren Überfluss eingeschränkt?
B: Sehr witzig.
Ich finde irgendwie keinen Bezug dazu. Es ist einfach alles da und ich habe keinen Beitrag dazu geleistet und falls doch, eher unbewusst.
A: Da haben wir es. Bewusstsein fehlt Ihnen.
B: Demut.. Bewusstsein..warum und wofür?
A: Entweder als innere Haltung oder als äußerer Ausdruck. Sie müssen sich entscheiden.
B: Worin liegt der Unterschied?
A: Schein oder Sinn.
B: Sollte ich also aus freien Stücken anerkennen, dass es für jeden etwas Unerreichbares gibt?
Ich hab also die Wahl der Herr oder der Knecht zu sein?
A: Nein. Eher Teil eines großen Ganzen zu sein.
B: Souverän. Das gefällt mir.
A: Stark und schwach sein zu können.
B: Und damit den eigenen Narzissmus überwinden.
A: Wohlwollen und Liebe.
B: Wenn Sie es ernst meinen!
A: Wir haben über Sie gesprochen.
B: Sie sind mir da um einiges voraus.
A: Das hätten Sie wohl gern.
B: In der Tat.
A: Sind wir denn heute beide überschwänglich und unvernünftig und bleiben noch?
B: Auf jeden Fall. Das halte ich für das Vernünftigste, was ich seit langem getan hab. Aber nicht, das Ihre Mitbewohner sich sorgen.
A: Auf keinen Fall. Sie wissen Bescheid und haben alle genug mit sich zu tun. Und vor allem, wird es – je länger wir bleiben – immer noch besser und besser.
B: Wir werden sehen.
A: Deshalb bleiben wir ja.
B: Nicht, dass wir noch etwas verpassen.
A: Sind Sie doch nur zynisch?
B: Nein. Optimistisch.
A: Sie haben also Ausschau gehalten nach der Unendlichkeit?!
B: Ich hatte Zeit.
A: Und, wo ist Ihr Sinn für Ordnung geblieben. Sie sagten doch, Sie bräuchten unbedingt Regeln.
B: Sagte ich das wirklich? Ich suche das Wunder.
A: Es gibt viele.
B: Umso besser.
A: Sie wissen aber schon, dass Sie erst durch den dunklen Wald müssen, um zur Lichtung zu gelangen..
B: Kommen Sie mit und beschützen mich? Ich bin so ängstlich und schreckhaft.
A: Einverstanden. Ich fürchte die Dunkelheit nicht mehr.
B: Und wenn wir angekommen sind, dann machen wir ein herrliches Picknick.
A: Und rauchen.
B: Und trinken Bier zur Mittagszeit.
A: Wie verwegen.
B: Ganz verrückt und ausgeflippt.
A: Es ist ein gutes Gefühl, sich zu finden.
B: Na, Sie haben gut reden.
A: Wieso? Ich musste ordentlich suchen und muss es auch immer wieder.
B: Ich muss erstmal überhaupt finden.
A: Kein Problem. Ich helfe Ihnen. Ein Neuanfang. Wie aufregend.
B: Wollen wir dann doch lieber Sekt trinken, wegen der Größe der Angelegenheit?
A: Nun machen Sie nicht alles gleich wieder kaputt. Lacht. Ich mag Ihren Humor sehr.
Ich denke, wir sollten doch gehen. Es kann einfach nicht mehr besser werden.
B: Ich denke, ich bleibe noch eine kleine Weile und schau mich noch ein wenig um. Ich fühle mich so feierlich.
A: Wie Sie meinen.
B: Passen Sie gut auf sich auf. Auch wenn wir schwimmen gelernt haben, so sind doch unsere Kräfte begrenzt.
A: Ich schmeiße meine Moral über Bord. Dann ist es leichter. Denn ich will es ja schaffen.
B: Was wollen Sie schaffen?
A: Na, das Leben.
B: Na, das machen Sie doch bereits.
A: Haben Sie eine Ahnung.
B: Da ich ja sowieso noch eine Weile da bin, passe ich auf, dass das Licht an bleibt.
A: Wie entzückend. Ich habe nichts anderes von Ihnen erwartet.
B: Ich danke Ihnen.
A: Sie sind ein Schatz. Gold wert.
Ich mag die Liebe. Sagte ich das schon?
B: Nein, das sagte ich das letzte Mal.
A: Sehen wir uns wieder?
B: Unbedingt. Und dann küssen wir uns.
A: Zur Begrüßung.
B: …oder doch richtig..
A + B:lachen.